Viele Gartenfreunde sind beim Rückschnitt der Clematis verunsichert. Wenn man ein paar einfache Schnittregeln beachtet, ist es aber gar nicht so schwierig. Und selbst wenn Sie sich mal „verschneiden“ – halb so wild, ihre Clematis wird trotzdem weiterwachsen.
Pflanz- oder Aufbauschnitt
Unabhängig von der späteren Schnittgruppe sollten alle Clematis beim Pflanzen oder spätestens im ersten Frühjahr nach der Pflanzung einem Pflanz- oder Aufbauschnitt unterzogen werden. Sie gehen dazu vom Boden aus an den Trieben nach oben und suchen nach Augenpaaren. Lassen Sie nur zwei bis drei kräftig entwickelte Augenpaare stehen und schneiden Sie die Triebe darüber ab.
„Aufbauschnitt“ finde ich als Bezeichnung gelungen, weil damit gleich klar wird, warum wir diesen Schnitt durchführen: Zum einen wird der Jungpflanze die Chance gegeben, die Kraft zuerst in die Ausbildung eines guten Wurzelsystems zu stecken. Für das spätere Wachstum ist das sehr wichtig. Zum anderen fördern wir oberirdisch die gute Verzweigung der Pflanze. Meist findest sich ein Augenpaar, auf das wir zurückschneiden können. Aus jedem dieser beiden Augen wächst ein neuer Trieb. Es gilt also: aus eins mach zwei! Durch den starken Rückschnitt wird die Pflanze außerdem dazu angeregt, neue Triebe direkt aus dem Boden zu schieben. Voraussetzung hierfür ist, dass wir die Pflanze tief genug gepflanzt haben und mindestens ein bis zwei Augenpaare unter der Erde sind. Durch den Aufbauschnitt verzichten Sie auf ein paar Blüten in diesem Jahr, werden aber durch üppiges Wachstum und Blütenfülle in den kommenden Jahren belohnt.
Achten Sie darauf, dass die neuen Triebe von Anfang an ordentlich und schön verteilt an der Wachstumshilfe befestigt werden. In der Hauptwachstumsphase wachsen die Clematis mehrere Zentimeter pro Tag. Sie können ihnen beim Wachsen förmlich zusehen. Wenn Sie nicht ordnend eingreifen, kann sehr schnell ein unentwirrbares Dickicht an Trieben entstehen.
Ab dem zweiten oder dritten Jahr gelten neue Schnittregeln. Alle Clematis werden in drei verschiedene Schnittgruppen eingeteilt, je nachdem, wann sie blühen.
Schnittgruppe 1: Kein Rückschnit
Hierzu zählen alle Frühjahrsblüher (Immergrüne, alpinas, macropetalas und andere atragene sowie montanas). Die frühe Blüte in dieser Gruppe ist nur möglich, weil die Blütenknospen schon im Vorjahr angelegt wurden. Damit ist auch klar, dass wir diese Clematis nicht schneiden dürfen, weil wir die Knopsen sonst ja entfernen. Sie bleiben also in der Regel unbeschnitten. Sollte doch einmal ein Rückschnitt notwendig werden, weil die Pflanze zu mächtig wird oder um dem Vergreisen vorzubeugen, schneiden wir sie nach der Blüte, also im Mai oder Juni zurück. Somit bleibt der Pflanze im Sommer Zeit, neue Knospen zu bilden. Bei den Frühjahrsblühern sollte man unbedingt „auf Augen“ schneiden, d.h. den Trieb ca. daumenbreit über einem Auge schneiden, das sichtbar austreibt. Einen Rückschnitt ins alte Holz verträgt diese Gruppe schlecht.
Schnittgruppe 2: Leichter Rückschnitt
In diese Schnittgruppe fallen die großblumigen Hybriden, die zweimal im Jahr blühen, sogenannte Frühsommerblüher. Die Hauptblüte zeigt sich im Mai/Juni an den Trieben, die in der vergangenen Saison ausgebildet wurden. Im August/September entwickeln sich nochmals Blüten an den neuen Jahrestrieben. Die Standardempfehlung für diese Gruppe lautet: leichter Rückschnitt um die Hälfte im späten Herbst oder zeitigen Frühjahr. Arbeiten Sie sich von oben nach unten vor: Gehen Sie vom oberen Triebende nach unten, bis Sie ein Paar gut entwickelter Augen finden. Schneiden Sie den Trieb knapp darüber ab.
Beim Rückschnitt sollten abgestorbene oder beschädigte Triebe sowie alle alten und vertrockneten Blätter samt Blattstiel entfernt werden. Ist die Clematis bereits gut eingewachsen, können beim jährlichen Rückschnitt eine oder zwei Triebe bodennah entfernt werden, um einen Neuaustrieb anzuregen. Entfernen Sie alle abgefallenen Blätter vom Boden. Bestimmt befinden sich unter dem Abraum kleine Schnecken, die schon großen Appetit auf die wohlschmeckenden frischen Triebe haben. Die verbleibenden Triebe werden ordentlich am Rankgitter befestigt. Nun noch eine Handvoll Dünger und dann steht einem perfekten Start in die neue Wachstumsperiode nichts mehr im Weg.
Eine Clematis wie oben beschrieben zu schneiden, kostet ganz schön Zeit. Wenn Sie die nicht haben, geht es auch pragmatischer: Sie lassen die Frühsommerblüher mehrere Jahre gänzlich unbeschnitten und nehmen Sie nach 2 bis 4 Jahren sehr stark zurück. Damit entfernt man die unentwirrbare Masse von Trieben, die sich im Laufe der Zeit bildet und verhindert das Vergreisen der Pflanze. Führt man diesen starken Rückschnitt im späten Herbst oder zeitigen Frühjahr durch, verschiebt sich der Blühtermin um einige Wochen nach hinten. Die Clematis wird in diesem Jahr nur einmal blühen.
Um bei den Frühsommerblühern eine zweite Blüte im August/September zu erreichen, muss man die Fruchtstände, die sich nach der ersten Blüte gebildet haben, wegschneiden. Zum Wegwerfen sind sie allerdings viel zu schade. Sie eignen sich wunderbar für Kränze und Gestecke. Während sie am Anfang noch eine glatte Oberfläche haben, werden sie im getrockneten Zustand wunderbar wuschelig.
Schnittgruppe 3: Starker Rückschnitt
In diese Schnittgruppe gehören die sommerblühenden Clematis und die Staudenclematis.
Alle Sorten der Sommerblüher blühen an den Jahrestrieben, die zum Teil bis 4 Meter lang werden können. Sie werden jährlich stark zurückgeschnitten. Zum Schneiden gehen Sie auf die Knie und begutachten ihre Pflanze von unten her. Lassen ein bis drei Augenpaare stehen. Alles andere kappen Sie einfach ab. Es bleiben nur ca. 10 bis 30 cm stehen. Das hört sich einfach an und ist es auch.
Ebenso einfach geht es bei den Staudenclematis. Sie werden handbreit über dem Boden zurückgeschnitten. Wie der Name besagt, wachsen diese Clematis staudig, d.h. sie treiben jedes Jahr neue Triebe aus dem Boden. Meist ist es offensichtlich, wie die Pflanze geschnitten werden will:
Offiziell gehören die Texensis nicht in die Gruppe der Staudenclematis, aber sie können sie wie diese behandelt werden. Sie schieben jedes Jahr frische Triebe aus dem Boden und können ganz kurz geschnitten werden. Das ist insbesondere in kälteren Gebiete angebracht, wo sie sowieso gerne zurückfrieren. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Sie Ihre Texensis im Frühjahr vergeblich suchen. Sie ist eine Langschläferin und lässt sich oft bis in den Mai hinein Zeit, um ihre ersten Triebe zu zeigen. Markieren Sie in den ersten Jahren die Pflanzstelle, damit die Schlafende durch die Arbeiten im Frühjahr nicht gestört oder verletzt wird.